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Arbeitsrechtliche Fragen in Zeiten von COVID-19

Recht Unternehmen Wirtschaft Donnerstag, 26. November 2020

Die COVID-19-Krise wird die Unternehmen in der Schweiz noch eine Weile beschäftigen. Gerade jetzt, wo der Winter naht, die Fallzahlen steigen und in immer kürzeren Abständen neue behördliche Anordnungen und Empfehlungen erlassen werden, nimmt die Unsicherheit wieder zu. Um Arbeitgebern einen Überblick über die derzeitige Rechtslage zu verschaffen, sollen nachstehend einige der wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen summarisch behandelt werden.

Haben Arbeitnehmende Anspruch auf Lohn, wenn sie nach ihren Ferien in Quarantäne müssen?

Die Risiken im Zusammenhang mit Ferienreisen zu Corona-Krisenzeiten und deren Folgen haben die Arbeitnehmenden in der Regel selbst zu tragen. Wenn also Arbeitnehmende während den Ferien in Quarantäne müssen und deshalb nicht rechtzeitig zur Arbeit zurückkehren können, oder nach ihrer Rückkehr aus den Ferien aufgrund ärztlicher oder behördlicher Anweisungen in Quarantäne müssen, haben sie für die Zeit, in der sie nicht arbeiten, grundsätzlich keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Arbeitsverhinderung selbstverschuldet ist, wovon wohl immer dann auszugehen ist, wenn das Ferienziel bereits vor der Abreise auf der Liste der Risikogebiete aufgeführt ist. Namhafte Autoren vertreten indes die Auffassung, dass Arbeitnehmer ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zukommt, wenn das Reiseziel zum Zeitpunkt der Abreise kein Risikogebiet war.

Anders verhält es sich, wenn die Arbeitnehmenden trotz Quarantäne im Homeoffice arbeiten können. Wer seine Arbeit von zuhause aus erledigen kann (Homeoffice), erhält ganz normal seinen Lohn.

Zu erwähnen ist weiter, dass bei ärztlicher und/oder behördlicher Anordnung der Quarantäne grundsätzlich ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatzentschädigung besteht dann, wenn aufgrund dieser Massnahmen unverschuldet die Arbeitstätigkeit unterbrochen werden muss. Die Entschädigung beträgt grundsätzlich 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vor Beginn des Anspruchs auf die Entschädigung erzielt wurde. Sie wird als Taggeld ausgerichtet und ist subsidiär zu sämtlichen anderen Sozialversicherungsleistungen, für welche eine Anspruchsberechtigung besteht sowie allfällige Versicherungsleistungen nach dem Versicherungsvertragsgesetz und zur Lohnfortzahlung des Arbeitgebers.

Erkrankt ein Arbeitnehmer (unverschuldet) und muss sich deshalb in Isolation begeben, so besteht eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Nicht ausgeschlossen und im Einzelfall zu prüfen ist, ob eine risikoreiche Reise oder risikoreiche Kontakte ein Verschulden des Arbeitnehmers an seiner Erkrankung begründen können, welches die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers aushebeln würde.

Die Lohnfortzahlungspflicht erlischt ebenfalls, wenn ein Arbeitnehmer sich freiwillig in Quarantäne begibt, ohne dass dies behördlich angeordnet worden oder durch den Arbeitgeber gewünscht worden wäre. Wenn ein Arbeitgeber seinerseits seinen Arbeitnehmer freiwillig in Quarantäne versetzt, ohne dass diese behördlich oder ärztlich angeordnet worden wäre, so bleibt er lohnfortzahlungspflichtig.

Darf der Arbeitgeber Weisungen für die Dauer der Ferien seiner Angestellten erlassen?

Dem Arbeitgeber kommt nur, aber immerhin, eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Arbeitnehmer für die Dauer der Arbeitszeit zu. Er kann seinen Arbeitnehmenden Anweisungen geben, was sie während ihrer Arbeitszeit tun sollen und was sie nicht tun dürfen.

Das Weisungsrecht erstreckt sich aber grundsätzlich nicht auf die Freizeit der Arbeitnehmenden. Das heisst, der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmenden grundsätzlich nicht vorschreiben, wie sie sich in den Ferien zu verhalten haben. Andererseits haben Arbeitnehmende eine Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber und müssen deshalb dafür sorgen, dass sie ihre Arbeitsfähigkeit erhalten und nach Möglichkeit gesund bleiben – auch in den Ferien.

Arbeitgebern wird deshalb in der aktuellen Ausnahmesituation geraten, auch für die Freizeit und die Ferien Empfehlungen auszusprechen. Denn das Verhalten in Freizeit und Ferien kann direkte Auswirkungen die Arbeitsfähigkeit haben. Zulässig ist beispielsweise das Abraten von Reisen in Gebiete mit einer höheren Ansteckungsrate oder in Gebiete, in die zu reisen der Bund abrät. Sodann ist der Hinweis auf die Quarantäne für Einreisende aus Risikoländern empfehlenswert.

Der Arbeitgeber darf verlangen, dass ihn Arbeitnehmende über ihre Reisen in Gebiete mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko oder über Kontakt mit infizierten Personen informieren. Schliesslich darf der Arbeitgeber grundsätzlich auch anordnen, dass sich Arbeitnehmende nach Reisen in Risikogebiete in Quarantäne begeben oder sich einem Covid-19-Test unterziehen müssen, bevor sie wieder zur Arbeit kommen dürfen – falls sie dies nicht ohnehin aufgrund von behördlichen Anordnungen tun müssen.

Darf der Arbeitgeber kurzfristig Ferien und/oder Überstundenkompensation anordnen?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, den Zeitpunkt der Ferien seiner Arbeitnehmenden zu bestimmen. Er darf also Ferien anordnen, hat dabei aber auf die Interessen der Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen und in der Regel eine angemessene Ankündigungsfrist zu beachten. Unter normalen Umständen gilt (als Richtgrösse) eine Ankündigungsfrist von etwa drei Monaten als angemessen. In der aktuellen Krisensituation kann diese Ankündigungsfrist indes verkürzt werden; der Arbeitgeber gewinnt damit etwas Flexibilität.

Vor einer Ferienanordnung durch den Arbeitgeber aus dem Ferienguthaben des laufenden Jahres wird jedoch die Anordnung zur Kompensation von Überstunden und zum Bezug von Ferienguthaben aus Vorjahren empfohlen.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in COVID-19-Zeiten

Jeder Arbeitgeber hat eine gesetzliche Fürsorgepflicht, die ihn verpflichtet, die Gesundheit seiner Arbeitnehmenden (insbesondere von Risikogruppen) zu schützen und zu diesem Zweck angemessenen Massnahmen zu treffen.

Konkret hat der Arbeitgeber seine Arbeitnehmenden anzuweisen, Hygienemassnahmen zur Verhinderung einer Ansteckung zu beachten – dazu gehören u.a. regelmässiges Händewaschen, Niesen/Husten in die Armbeuge, kein Händeschütteln und ausreichendes Abstandhalten. Zudem hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Geschäftsreisen und Sitzungen (intern und mit Kunden) weitgehend eingeschränkt und stattdessen telefonisch oder digital bzw. virtuell abgehalten werden. Kann der empfohlene Abstand zu anderen Mitarbeitenden oder Kunden nicht eingehalten werden, so sind Massnahmen gemäss dem STOP-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung) zu treffen: Das bedeutet namentlich das Ermöglichen von Homeoffice, räumliche Trennung der Arbeitnehmenden, getrennte Teams oder das Tragen von Masken.

Aufgrund seiner Fürsorgepflicht – aber auch zur Vermeidung allfälliger Haftungsansprüchen von Kunden – kann der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmenden verlangen, dass sie sich bei Verdacht auf COVID-19 testen lassen müssen. Bei konkretem Infektionsverdacht müssen betroffene Arbeitnehmende zum Schutz der übrigen Mitarbeitenden ins Homeoffice versetzt oder von der Arbeit freigestellt werden.

Schliesslich sei der guten Ordnung halber angemerkt, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmenden verpflichten kann, ihn umgehend zu informieren, wenn jemand mit einer infizierten Person in Kontakt gewesen sein könnte. Aber selbst ohne entsprechende Anweisung des Arbeitgebers sind Arbeitnehmende aufgrund ihrer Treuepflicht zu einer solchen Meldung verpflichtet.



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