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Der Paradigmenwechsel ist vollbracht – nun muss er umgesetzt werden!

Beschaffungsrecht Innovation Nachhaltigkeit Politik Recht Unternehmen Wirtschaft Montag, 24. Juni 2019

Das eidgenössische Parlament hat den Paradigmenwechsel im öffentlichen Beschaffungswesen eingeläutet und diesen einstimmig verabschiedet. Alle wichtigen Anliegen der usic wurden übernommen. Nun muss der Kulturwandel auch in der Praxis ankommen.

Der Titel zum letzten Artikel über die Beschaffungsrechtsrevision lautete «Freie Bahn für den Paradigmenwechsel?“ Heute dürfen wir die Frage überdeutlich bejahen! Das eidgenössische Parlament hat am 21. Juni dieses Jahres die Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen BöB einstimmig, bei zwei Enthaltungen, angenommen. Alle wichtigen Anliegen der usic wurden im Verlauf der Beratungen übernommen.

Sie haben richtig gelesen, alle! Neu soll der Zuschlag an das vorteilhafteste Angebot ergehen, statt wie bisher an das wirtschaftlich günstigste. Das Leistungsortsprinzip bei den Arbeitsschutzbestimmungen wurde beibehalten und das unhaltbare Einsichtsrecht gestrichen. Die übrigen wichtigen Anliegen wie die zwingende Überprüfung von Tiefpreisangeboten und die Plausibilität des Angebotes als Zuschlagskriterium waren bereits früh im Prozess unbestritten.

Erfolgreiche Lobbyarbeit der usic

Der statistische Kassensturz nach vier Jahren harter Lobbyarbeit darf sich sehen lassen. Von insgesamt 24 eingebrachten Anliegen konnten zwei Drittel in die Beratungen eingebracht werden. Davon waren über 70 Prozent ganz oder teilweise erfolgreich. Die Anliegen der usic waren zwanzig Mal Gegenstand von Mehrheits-, sieben Mal von Minderheits- und vier Mal von Einzelanträgen. Zwei der drei wichtigsten Anliegen, die Tiefpreisüberprüfung und die Angebotsplausibilisierung, waren zeitweise sowohl in Mehr- als auch in Minderheitsanträgen vertreten.

Der Paradigmenwechsel ist Realität

Bundesrat Ueli Maurer fasste das Ergebnis anlässlich der letzten Beratung im Ständerat pointiert zusammen: „Wir möchten [mit dem vorteilhaftesten Angebot] den Paradigmenwechsel konkretisieren, den wir im ganzen Gesetz vorgenommen haben. Die Kurzfassung ist: Wir kommen von einem Preiswettbewerb zu einem Qualitätswettbewerb.“ Die Betonung von Qualität und Nachhaltigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Erlass. Angefangen beim Zweckartikel, der den wirtschaftlich, volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der Mittel verlangt, bis zur zwingenden Berücksichtigung von Qualitätskriterien. Selbst dort, wo nur der Preis bewertet werden kann, müssen ausdrücklich hohe Anforderungen im Sinne des Zweckartikels erfüllt sein.

Fahrplan: Inkrafttreten ab 2021

Nun arbeitet der Bund an der Ausgestaltung der Verordnung. Auf Bundesstufe kann mit einem Inkrafttreten von Gesetz und Verordnung im Januar 2021 gerechnet werden. Parallel beginnen die Kantone Ende 2019 mit dem Ratifizierungsprozess der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen IVöB. Der durch das Interkantonale Organ InöB vorgeschlagene Entwurf hat sämtliche Anpassungen auf Bundesstufe, mit Ausnahme des Leistungsortsprinzips, übernommen.

Zurzeit ist die usic dabei, gemeinsam mit der KBOB die neuen Zuschlagskriterien in die Beschaffungsleitfäden zu integrieren. Die AG Vergabe und die Fachgruppe Energie & Umwelt der usic beschäftigen sich mit der möglichen Anwendung der Zuschlagskriterien, insbesondere der Nachhaltigkeit und den Lebenszykluskosten.

Kulturwandel muss gelebt werden

Trotz aller Euphorie sind mahnende Worte angebracht. Das Gesetz erlaubt weiterhin einen erheblichen Freiheitsgrad in der Anwendung. Der Spielraum wurde lediglich erweitert, um einem durch den Gesetzgeber erwünschten Paradigmenwechsel Ausdruck zu verleihen. Damit dies auch in der Praxis greift, braucht es einen Kulturwandel bei den Akteuren. Politik, Behörden und Anbieterinnen sind deshalb gleichermassen gefordert, diesen Kulturwandel auch tatsächlich zu leben. Die usic kann und muss diesen Kulturwandel bei ihren Mitgliedern einfordern, damit die bisher erreichten Erfolge auch glaubwürdig bleiben. Die Planer haben heute eine starke Stimme in der Politik. Entsprechend sind die Zeiten des Klagens vorbei. Stattdessen gilt es, dem Wandel mit Offenheit, Optimismus und Bestimmtheit zu begegnen.

AFÖB

Eine Übersicht zu den Ergebnissen der BöB-Revision und den Anliegen der usic können im politischen Tätigkeitsbericht der AföB nachgelesen werden auf www.afoeb.ch

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