zurück zur Übersicht

Freie Bahn für den Paradigmenwechsel?

Beschaffungsrecht Innovation Nachhaltigkeit Politik Recht Unternehmen Wirtschaft Samstag, 1. Juni 2019

Die Kommission des Ständerats beantragt ihrem Rat, den Zuschlag an das «vorteilhafteste» Angebot zu erteilen. Damit würde das Hauptanliegen der Allianz für ein fortschrittliches öffentliches Beschaffungswesen AföB erfüllt. Weiterhin strittig bleiben das Leistungsortsprinzip bei den Arbeitsschutzbestimmungen sowie die Streichung des Einsichtsrechts. Ein Abschluss der Beratungen im Sommer 2019 ist möglich.

Die Totalrevision des Beschaffungsrechts auf Bundesebene neigt sich dem Ende entgegen. Im Rahmen der Differenzbereinigung haben sich der Nationalrat und die Kommission des Ständerats zum zweiten Mal mit der Vorlage befasst. Zankäpfel zwischen den beiden Räten bleiben der Zuschlagsartikel, das Leistungsortsprinzip bei den Arbeitsschutzbedingungen sowie das Einsichtsrecht.

Paradigmenwechsel ist greifbar

Nach heutigem Stand erhält das «wirtschaftlich günstigste» Angebot den Zuschlag. Der Nationalrat hat eine Umformulierung in «vorteilhafteste» zwei Mal bestätigt. Der Ständerat wollte dagegen aus legalistischen Gründen an der bisherigen Formulierung festhalten. Doch nun hat die ständerätliche Kommission beschlossen – entgegen der Erwartung sämtlicher Auguren – ihrem Rat die Formulierung des Nationalrats vorzuschlagen, mit neun zu drei Stimmen bei einer Enthaltung sogar überaus deutlich. Damit wird das bisher Undenkbare denkbar: Stimmt der Ständerat im Sommer dem Mehrheitsantrag seiner Kommission zu, ist der Paradigmenwechsel auch formell Realität.

Nationalrat will an Leistungsortsprinzip festhalten

Somit würden aus Sicht der AföB noch zwei Zankäpfel in beiden Räten verbleiben. Der Nationalrat will bei den Arbeitsschutzbedingungen am Leistungsortsprinzip festhalten, während der Ständerat – analog zum Bundesrat – weiterhin das Herkunftsortsprinzip verankern möchte. Dabei ist der Ständerat nicht ganz frei von Widersprüchen, hat er doch im selben Atemzug neu das Leistungsortsprinzip im Rahmen der Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen beschlossen.

In der Kommission des Ständerats scheinen sich die Fronten aber auch bei den Arbeitsschutzbestimmungen abzuschwächen, denn der ursprüngliche Beschluss wurde in der Differenzbereinigung nur noch sehr knapp aufrechterhalten, mit sechs zu sechs Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten.

Ständerat will Einsichtsrecht weiterhin streichen

Umgekehrt will der Ständerat das unsägliche Einsichtsrecht bei freihändigen Vergaben über einer Million Franken weiterhin komplett streichen. Der Nationalrat hatte den Artikel in zweifacher Hinsicht verschlimmbessert, indem er einerseits dem Bundesrat die Kompetenz entzog, Ausnahmen vorzusehen, und andererseits die Unterlagen nicht der Geheimhaltung unterstellen wollte. In der Differenzbereinigung beantragte die Kommission dem Ständerat jedoch, an der Streichung festzuhalten.

Abschluss voraussichtlich im Sommer 2019

Das Geschäft gelangt nun im Sommer wieder in den Ständerat und anschliessend noch einmal in den Nationalrat. Sofern dann keine Differenzen mehr bestehen, wird das BöB in die Schlussabstimmung geschickt. Die Chancen stehen gut, dass dies der zweitletzte Artikel zur Revision auf Bundesebene sein wird, denn die Räte beabsichtigen, die Vorlage in der diesjährigen Sommersession abzuschliessen.

    Durch die Nutzung von www.suisse.ing akzeptieren Sie die Verwendung von Cookies. Datenschutz.