Hinter «Math Dealer» stand die usic
Mit dem Fake-Service Math Dealer machte die usic im Rahmen des ersten «Tages der IngenieurInnen» auf geschlechtsspezifische Stereotypen im Matheunterricht aufmerksam und lancierte damit eine Debatte.
In der ganzen Schweiz prangten bereits zehn Tage vor dem «Tag der Ingenieurinnen und Ingenieure» Plakate mit Sprüchen wie: «Jungs, kein Bock auf Mathe-Aufgaben? Bezahlt einfach Mädels dafür.» Mit Plakataushang, Webseite, Newsletter, Medienmitteilungen, einem Werbeschreiben für Schulen sowie einer Flyeraktion lancierte die usic diese Kampagne. Ziel war es, im Rahmen des ersten «Tages der Ingenieurinnen und Ingenieure» ein relevantes Thema in Bezug auf den Fachkräftemangel aufzugreifen und mit diesem auch ausserhalb der Planerbranche eine Diskussion zu lancieren.
Schweizer Mathe-Geschlechterstereotypen
Viele Eltern, Kinder und auch Lehrpersonen haben immer noch das Vorurteil, dass Jungs besser in Mathematik seien als Mädchen – obwohl Untersuchungen dies mehrfach widerlegt haben. Mädchen zeigen im Schnitt bis zur dritten Klasse stärkere Leistungen in Mathematik und schwächeln erst danach, so die Studien. Mitunter ein Grund dafür ist das geringere weibliche Selbstvertrauen. Mädchen haben mehr Angst, einen Fehler zu machen als Jungs und sind deswegen weniger aktiv im Mathematikunterricht. Die Geschlechterstereotypen in der Schweiz führen dazu, dass im Vergleich zu anderen Ländern deutlich weniger Mädchen einen Beruf im MINT-Bereich wählen als Männer.
In ehemals sozialistischen Ländern ist der Anteil an Frauen in MINT-Berufen – also mit starkem Bezug zu Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – deutlich höher als in der Schweiz und auch in arabischen Ländern gibt es in neuster Zeit mehr weibliche MINT-Abschlüsse. In Kuwait gehen beispielsweise 42 Prozent der Ingenieur- und Technologieabschlüsse auf das Konto von Frauen. Eine These dazu ist, dass dort moderne Frauen die Technologie nutzen, um kulturelle Normen «auszustechen» und so die Kultur von innen zu verändern.
Der Ländervergleich zeigt: Es ist nicht naturgegeben, dass Mädchen und Jungs geschlechterstereotype Berufe wählen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies eine wichtige Erkenntnis für die Planerbranche.
Math Dealer: ein Fake sorgt für Wirbel
Kurz vor dem ersten Tag der Ingenieurinnen und Ingenieure sorgten der Online-Service Math Dealer und dessen geschlechterstereotype Werbekampagne für Kontroversen. Bereits am ersten Tag des Aushangs erschienen die ersten Reaktionen in den sozialen Medien. Es wurde gemutmasst, von wem die Kampagne sei, ob sie etwas mit dem Internationalen Frauentag zu tun habe und ob sie sexistisch sei. In Lausanne löste die Kampagne derart viel Empörung aus, dass sogar eine Minidemonstration vor dem Plakat stattfand. Bereits vor der Auflösung berichteten mehrere Zeitungen und andere Online-Portale über die Kampagne.
Dieser Service und die Webseite math-dealer.ch waren aber ein Fake. Denn hinter Math Dealer steckte die Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen usic. Diese wollte mit Math Dealer auf den Umstand hinweisen, dass es zu wenige Ingenieurinnen gibt. Und dies hängt mit der Beziehung von Mädchen zur Mathematik zusammen. Bereits im Primarschulalter ist die Mathematik das weichenstellende Bindeglied zwischen Mädchen und dem Ingenieurberuf.
Viele Reaktionen und überdurchschnittlich hohe Klickrate
Einige Tage nach dem Plakataushang wurde Math Dealer mit einer Medienmitteilung sowie über den auf der Webseite integrierten Newsletter aufgelöst. Im Rahmen dieser Auflösung wies die usic darauf hin, dass es ihr ein Anliegen war, im Kontext des ersten «Tages der Ingenieurinnen und Ingenieure» auf die erläuterten geschlechterstereotypen Missverhältnisse aufmerksam zu machen. Dass dies gelungen ist, zeigen die Berichterstattungen vor und nach der Auflösung. Auch der für die Auflösung verschickte Newsletter stiess auf reges Interesse, mit einer Klickrate von über 50 % wies er eine deutlich höhere Interaktion auf, als dies branchenübergreifend im Durchschnitt der Fall ist.
Mit Math Dealer ist es der usic gelungen, eine wertvolle Debatte über Geschlechterstereotypen im Kindesalter anzustossen, die im Schulfach Mathematik besonders ausgeprägt sind. Es ist ein wichtiges Anliegen der usic, in Zukunft mehr Ingenieurinnen anzuwerben.