Ich hatte einen Schockmoment
Mir war seit dem Ausbruch in Italien klar, dass die Krise auch die Schweiz betrifft. Trotzdem hatte ich dann einen Schockmoment, als wir in der Schweiz den ersten bestätigten Fall von Corona-Virus hatten. Ab diesem Zeitpunkt kamen bereits die ersten Anfragen von Mitarbeitenden und ich suchte das Gespräch mit unserem CEO. Und bereits einige Tage später, am 28. Februar, haben wir die Task Force gründet. Zu Beginn der Krise tagten wir jeden Tag, sieben Tage die Woche. Im Moment tun wir dies noch zwei Mal pro Woche.
In der Task Force sitzen ich, natürlich der CEO, dann der Kommunikationsleiter, unsere Juristin, der Sicherheitsexperte, der Experte für Arbeitssicherheit sowie unser HR Business Partner in der Westschweiz. Zudem haben wir zu Beginn einen externen Sicherheitsbeauftragten beigezogen. Um die einzelnen Massnahmen besser planen zu können und eine gewisse Ordnung in das Chaos zu bringen, haben wir vier Phasen der Krise definiert: Umstellung, Rückgang, Tiefpunkt und Erholung. Für die jeweiligen Phasen haben wir Hypothesen zum Geschäftsgang und zu den Mitarbeitenden aufgestellt und mit einem Massnahmenkatalog ergänzt. Aktuell befinden wir uns in der Phase zwei, hoffentlich Beginn Phase 3. Die Nachrichten überstürzen sich nun nicht mehr täglich und so sind wir gegenwärtig daran, uns mit den mittel- und längerfristigen Themen auseinanderzusetzen: Was werden wir aus der Krise mitnehmen, wie kommen wir wieder in den «Courant normal»? In der interdisziplinären Zusammenarbeit gab es nie ein Gedränge um die Deutungshoheit der einzelnen Disziplinen. Jeder gab sein Bestes. Aber es ist klar, dass die Bedeutung der Kommunikation nicht hätte höher sein können.
"Die Bedeutung der Kommunkation hätte nicht höher sein können."
Die vielen medizinischen Anfragen seitens der Mitarbeitenden, die fehlenden, beziehungsweise sich stetig ändernden Informationen sowie die Unerreichbarkeit der Behörden waren für mich zu Beginn sehr schwierig. Es gab schon Momente, wo ich dachte, ich bin kein Arzt, ich kann die Fragen nicht beantworten. Wir haben Projekte unter anderem im Iran, in Tadschikistan, im Kongo und in Indien. Bei der Beurteilung der Sicherheit unserer Mitarbeitenden haben wir uns immer auf Empfehlungen von Experten und auf die Abschätzung der Leute vor Ort abgestützt. Ich kann mich gut erinnern: Ein Mitarbeiter aus Basel wollte beim Projekt in Indien bleiben. Da musste ich allerdings die Reissleine ziehen und liess ihn zurückholen, mir schienen die Lage sowie die Versorgung nicht sicher genug. Als er dann im Zug von Frankfurt in die Schweiz sass, hat er mir eine E-Mail geschrieben, dass er froh sei, dass ich insistiert habe. Er war auf dem zweitletzten Flug, danach wurde der Betrieb eingestellt.
"Einigermassen dramatisch war auch die Situation in unserem Büro in Belgrad. In Serbien hat die Regierung schnell und mit kurzen Fristen drastische Massnahmen erlassen."
Unter anderem wurden die Unternehmen verpflichtet, ihren Mitarbeitenden Homeoffice zu ermöglichen. In diesem Land haben viele Menschen privat keine ausgebaute Infrastruktur wie wir in der Schweiz. So haben unsere Leute kurzerhand die Büros leergeräumt und die PC und Bildschirme zu Hause installiert. Dank der grossen Flexibilität unserer Mitarbeitenden können wir das Business as usual aufrecht erhalten, während die Kinder daneben ihre Hausaufgaben machen. Eine Erfahrung, die wohl lange in Erinnerung bleiben wird.
Dieses Gespräch mit Daniel Büchi wurde am 27. April 2020 geführt
Leiter Human Resources Gruner und Leiter Task Force Covid-19