Paradigmenwechsel im Beschaffungsrecht
Am 21. Juni 2019 war es soweit: National- und Ständerat haben je einstimmig die Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) gutgeheissen und verabschiedet. Damit kommt der jahrelange Gesetzgebungsprozess zu einem Ende – zu einem ausserordentlich guten Ende!
Die usic hat sich im Verbund mit der von ihr geleiteten Allianz für ein fortschrittliches öffentliches Beschaffungswesen (AföB) sowie weiteren Verbündeten, darunter vor allem bauenschweiz, während des ganzen Prozesses sehr intensiv für die Anliegen der Bau- und Planungswirtschaft eingesetzt. Dabei ist es gelungen, die Politik von der Notwendigkeit eines grundlegenden Kurswechsels im Beschaffungswesen zu überzeugen: Nicht primär das billigste Angebot verspricht die beste Lösung für den öffentlichen Auftraggeber, sondern – im Gegenteil – ein auf Qualität und Nachhaltigkeit ausgerichteter Beschaffungsprozess.
Die usic und die AföB haben früh den Begriff des „Paradigmenwechsels“ geprägt – ein solcher ist im Sinne eines eigentlichen Kulturwandels notwendig. Umso erfreulicher ist es, dass diese Begrifflichkeit und die dahinter stehende Überzeugung von der Politik, der Verwaltung und selbst vom Bundesrat übernommen und verstärkt wurden. Das Ergebnis kann in Klarheit nicht übertroffen werden: Die Regierung, das Parlament und die Verwaltung wollen den Paradigmenwechsel, sie wollen eine neue Ära im Beschaffungsrecht einläuten und sie wollen dabei auf Qualität und Nachhaltigkeit setzen.
Der neue Geist im Beschaffungsrecht zeigt sich exemplarisch an mehreren Gesetzesbestimmungen: Das Gesetz bezweckt neu nicht nur den wirtschaftlichen, sondern vielmehr auch den „volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen“ Einsatz öffentlicher Mittel. Der Zuschlag soll nicht mehr an das „wirtschaftlich günstigste“, sondern an das „vorteilhafteste“ Angebot gehen und die Palette der Zuschlagskriterien wurde unter anderem angereichert mit Kriterien der Nachhaltigkeit, der Lebenszykluskosten, der Verlässlichkeit des Preises, der Plausibilität des Angebots oder der Innovation.
Auch der Umgang mit Tiefpreisangeboten wird neu thematisiert: Während nach bisheriger Doktrin solche einfach hinzunehmen waren, müssen die Behörden neu Abklärungen treffen und nötigenfalls ein Angebot vom Verfahren ausschliessen. Diese neuen Bestimmungen sind ein klares Bekenntnis zu mehr Qualitätswettbewerb und unterstreichen den Willen des Gesetzgebers zum Paradigmenwechsel. Die usic pflegt den regelmässigen Austausch mit den grossen öffentlichen Bauherren und darf erfreut zur Kenntnis nehmen, dass dieser Wille auch von den Vergabebehörden geteilt wird. Es ist nun gemeinsame Aufgabe der grossen Auftraggeber, insbesondere im Verbund der KBOB, und der Anbieter-Organisationen, den Geist des Veränderungswillens in die Praxis zu tragen. Vergabebehörden aller Stufen müssen befähigt und begeistert werden, nach dieser neuen Denkart zu beschaffen. Die Anbieter müssen lernen, dass sie durch hohe Qualität und nicht durch primär billige Angebote zum Zuschlag kommen.
Die usic ist auf Mission: In Seminaren, Referaten, bei Besuchen in Mitgliedsunternehmen, in Behördengesprächen und im Einzelkontakt predigen wir die Chancen des neuen Beschaffungsrechts. Wir laden Sie, liebe usic Mitgliedsunternehmen, ein, mit uns diesen Paradigmenwechsel aktiv und positiv anzupacken und umzusetzen!
Berufsbilder
Die digitale Transformation führt zu Veränderungen in vielfacher Hinsicht: Prozesse, Geschäftsmodelle, Beschaffungsverfahren und Zusammenarbeitsformen stehen auf dem Prüfstand, sie werden sich mehr oder weniger verändern. Dies fordert auch die Rolle des Zeichners, Planers und der Ingenieurin heraus. Sind die bis anhin geforderten Kompetenzen noch die richtigen für die Tätigkeit der Zukunft? Welche neuen Fähigkeiten müssen eine Planerin und ein Ingenieur künftig mitbringen? Die Antworten auf diese Fragen haben direkten Einfluss auf die Ausgestaltung der Bildungsinhalte der angehenden Berufsleute.
Sowohl auf Stufe der Lehrberufe der Zeichner wie auch in der Ausbildung an den Universitäten und Fachhochschulen besteht Handlungsbedarf. Die usic ist diesbezüglich an zwei Fronten aktiv: Mit Plavenir hat sich eine neue Organisation konstituiert, welche die Berufsbilder der Zeichnerberufe weiterentwickeln wird. Lesen Sie in diesem Heft über den aktuellen Stand der dortigen Diskussion.
Mit Vertretern der Fachhochulen und der beiden ETH sowie in Kooperation mit den übrigen Planerverbänden der Stammgruppe Planung von bauenschweiz ist es in den letzten Monaten gelungen, einen neuen „Ingenieurrat Bau“ zu lancieren. Der Ingenieurrat Bau soll als Gefäss dienen, welches einen regelmässigen Austausch unter den beteiligten Hochschulen sowie mit der Wirtschaft erlaubt. Die bisherigen Gespräche verliefen sehr positiv und vielversprechend. Sie zeigten allerdings auch, dass es etliche Themen gibt, die herausfordernd sind und die unsere Aufmerksamkeit verlangen werden. Wir bleiben dran!