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Klimabeton schluckt CO₂

Umwelt Nachhaltigkeit Energie Material Visionär Montag, 15. Mai 2023

Herkömmlicher Beton hat eine sehr schlechte Klimabilanz. Gleichzeitig ist der Baustoff in der Baubranche unverzichtbar. Darum forschen Ingenieurinnen und Ingenieure an emissionsarmen Alternativen und setzen diese bereits ein. Eine solche Alternative ist der klimaneutrale Beton, den eine Forschungsgruppe rund um Prof. Simone Stürwald an der Fachhochschule OST in Rapperswil entwickelt hat. Dank Pflanzenkohle neutralisiert dieser Beton so viel CO2, als er bei der Herstellung produziert.

Beton gehört als elementarer Baustoff für Bauteile und Tragwerke von Gebäuden und Infrastrukturen bereits seit den alten Römern dazu. Er ist besonders haltbar und seine Bestandteile weltweit verfügbar und günstig. Er ist ausserdem einfach zu nutzen, feuerresistent und schallabsorbierend. Aber bei der Herstellung verursacht insbesondere der Bestandteil Zement sehr viele CO2-Emissionen.

Klimanneutraler Beton auf der Baustelle im Einsatz für eine nachhaltigere Schweiz. Neues Rezept: Weniger Zement, mehr Pflanzenkohle! zvg Logbau/mattiasnutt

Viel CO2-Emission in der Zementproduktion

Beton besteht grundsätzlich aus Zement, Gesteinskörnung und Wasser. Hauptursache für die Emissionen ist hierbei die Zementproduktion. «In einem Brennprozess bei knapp 1500°C wird im Kalkstein gespeichertes CO2 freigesetzt», erklärt die Bauingenieurin und Forscherin Prof. Simone Stürwald. Sie ist Professorin an der Fachhochschule OST in Rapperswil und leitet an der Fachhochschule OST die Forschungsgruppe Nachhaltige Konstruktion. Ein Hauptziel für eine bessere Klimabilanz ist darum, den Baustoff Beton nachhaltiger zu machen.

Landwasser Viadukt: Beton ist für fast alle Infrastrukturen ein wichtiger Baustroff. zvg suisse.ing

Beton mit Pflanzenkohle stabil!
Die Gruppe hat einen klimaneutralen Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung und dem Zusatz von Pflanzenkohle entwickelt, die die CO2-Emissionen des Zementes kompensiert. Dieser Beton weist dieselben Leistungseigenschaften auf wie herkömmlicher Beton. Wenn man in Zukunft den Anteil der Pflanzenkohle noch erhöhen kann, neutralisiert der ehemalige Klima-Killer sogar mehr CO2 als er produziert.

So funktionierts: Pflanzenkohle kann CO2 speichern. Je mehr davon im Beton ist, desto nachhaltiger ist er. Die Ingenieurin hat eine Mischung entwickelt, die den Baustoff klimaneutral macht. Beton könnte dank der Forschung künftig sogar mehr Treibhausgas kompensieren, als er verursacht. zvg Logbau/mattiasnutt


Bis zu 30% Reduktion des CO
2-Ausstosses
Das Potential des ‘Klimabetons’ für den Klimaschutz ist enorm. «Mit einer Reduktion von Zement können wir im Rahmen der bestehenden Norm etwa 10% bis 15% an Zement und damit CO2-Emissonen im Beton sparen; nach einer anstehenden Normänderung können das schnell mehr als 30% werden mit der bisherigen Technologie», rechnet Stürwald vor. Wichtige Hebel auf dem Weg zu Netto-Null in der Schweiz sind allerdings auch, dass wir mit Beton und Material allgemein effizienter umgehen und Konstruktionen mit weniger Beton entwickeln.

«Wenn das Klimagesetz angenommen wird, trägt es dazu bei, diese Entwicklungen in der Baubranche zu beschleunigen und schneller in der Praxis umzusetzen»


Innovation im Bau und deren Hürden
Für Stürwald ist der Impact, den Ingenieure punkto Klimaschutz haben, enorm. So zum Beispiel mit einer guten Erhaltung bestehender Bauwerke, mit nachhaltigen Baustoffen und Bauten sowie einer deutlich höheren Energieeffizienz. «Ingenieurinnen und Ingenieure entwickeln Lösungen und bauen die Umwelt, in der wir leben.» In der Schweiz gibt es viele Regeln für eine hohe Qualität. Das ist wichtig, aber die Normen beschränken manchmal darin, innovativer zu sein. Deswegen brauchen wir gute Gesetze und Investitionen in neue Ansätze: «Wenn das Klimagesetz bei der Abstimmung im Juni angenommen wird, trägt es dazu bei, diese Entwicklungen in der Baubranche zu beschleunigen und schneller in der Praxis umzusetzen.»

Als Ingenieurie-Nachwuchs Lösungen für echten Klimaschutz entwickeln
«Unsere Branche baut für die nächsten 50 bis 100 Jahre.» Darum ermutigt Simone Stürwald junge Menschen, anhand praxisnaher Forschung zu lernen und als Ingenieurinnen und Ingenieure Lösungen zu entwickeln, statt nur auf die Probleme zu fokussieren. Weil ihr der Klimaschutz ein persönliches Anliegen ist, will Stürwald alle Möglichkeiten nutzen, die sie auf ihrem Fachgebiet hat. Sie setzt sich für eine praxisnahe Wissenschaft zu nachhaltigen Konstruktionen, eine internationale Vernetzung der Branche, effiziente Innovationen in der Bauindustrie und für eine zukunftsorientierte Ausbildung des Nachwuchses ein. Für Stürwald macht ihr berufliches Engagement als Ingenieurin tatsächlich den grossen Unterschied.

Der Ingenieurin und Forscherin Simone Stürwald ist ökologische und soziale Nachhaltigkeit sehr wichtig. zvg Simone Stürwald


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