Klimabeton schluckt CO₂
Herkömmlicher Beton hat eine sehr schlechte Klimabilanz. Gleichzeitig ist der Baustoff in der Baubranche unverzichtbar. Darum forschen Ingenieurinnen und Ingenieure an emissionsarmen Alternativen und setzen diese bereits ein. Eine solche Alternative ist der klimaneutrale Beton, den eine Forschungsgruppe rund um Prof. Simone Stürwald an der Fachhochschule OST in Rapperswil entwickelt hat. Dank Pflanzenkohle neutralisiert dieser Beton so viel CO2, als er bei der Herstellung produziert.
Beton gehört als elementarer Baustoff für Bauteile und Tragwerke von Gebäuden und Infrastrukturen bereits seit den alten Römern dazu. Er ist besonders haltbar und seine Bestandteile weltweit verfügbar und günstig. Er ist ausserdem einfach zu nutzen, feuerresistent und schallabsorbierend. Aber bei der Herstellung verursacht insbesondere der Bestandteil Zement sehr viele CO2-Emissionen.
Viel CO2-Emission in der Zementproduktion
Beton besteht grundsätzlich aus Zement, Gesteinskörnung und Wasser. Hauptursache für die Emissionen ist hierbei die Zementproduktion. «In einem Brennprozess bei knapp 1500°C wird im Kalkstein gespeichertes CO2 freigesetzt», erklärt die Bauingenieurin und Forscherin Prof. Simone Stürwald. Sie ist Professorin an der Fachhochschule OST in Rapperswil und leitet an der Fachhochschule OST die Forschungsgruppe Nachhaltige Konstruktion. Ein Hauptziel für eine bessere Klimabilanz ist darum, den Baustoff Beton nachhaltiger zu machen.
Beton mit Pflanzenkohle – stabil!
Die
Gruppe hat einen klimaneutralen Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung
und dem Zusatz von Pflanzenkohle entwickelt, die die CO2-Emissionen
des Zementes kompensiert. Dieser Beton weist dieselben
Leistungseigenschaften auf wie herkömmlicher Beton. Wenn man in Zukunft
den Anteil der Pflanzenkohle noch erhöhen kann, neutralisiert der
ehemalige Klima-Killer sogar mehr CO2 als er produziert.
Bis zu 30% Reduktion des CO2-Ausstosses
Das Potential des ‘Klimabetons’ für den Klimaschutz ist enorm. «Mit einer Reduktion von Zement können wir im Rahmen der bestehenden Norm etwa 10% bis 15% an Zement und damit CO2-Emissonen
im Beton sparen; nach einer anstehenden Normänderung können das schnell
mehr als 30% werden mit der bisherigen Technologie»,
rechnet Stürwald vor. Wichtige Hebel auf dem Weg zu Netto-Null in der
Schweiz sind allerdings auch, dass wir mit Beton und Material allgemein
effizienter umgehen und Konstruktionen mit weniger Beton entwickeln.
«Wenn das Klimagesetz angenommen wird, trägt es dazu bei, diese Entwicklungen in der Baubranche zu beschleunigen und schneller in der Praxis umzusetzen»
Innovation im Bau und deren Hürden
Für
Stürwald ist der Impact, den Ingenieure punkto Klimaschutz haben,
enorm. So zum Beispiel mit einer guten Erhaltung bestehender Bauwerke,
mit nachhaltigen Baustoffen und Bauten sowie einer deutlich höheren
Energieeffizienz. «Ingenieurinnen und Ingenieure entwickeln Lösungen und bauen die Umwelt, in der wir leben.»
In der Schweiz gibt es viele Regeln für eine hohe Qualität. Das ist
wichtig, aber die Normen beschränken manchmal darin, innovativer zu
sein. Deswegen brauchen wir gute Gesetze und Investitionen in neue
Ansätze: «Wenn das Klimagesetz bei der Abstimmung im
Juni angenommen wird, trägt es dazu bei, diese Entwicklungen in der
Baubranche zu beschleunigen und schneller in der Praxis umzusetzen.»
Als Ingenieurie-Nachwuchs Lösungen für echten Klimaschutz entwickeln
«Unsere Branche baut für die nächsten 50 bis 100 Jahre.»
Darum ermutigt Simone Stürwald junge Menschen, anhand praxisnaher
Forschung zu lernen und als Ingenieurinnen und Ingenieure Lösungen zu
entwickeln, statt nur auf die Probleme zu fokussieren. Weil ihr der
Klimaschutz ein persönliches Anliegen ist, will Stürwald alle
Möglichkeiten nutzen, die sie auf ihrem Fachgebiet hat. Sie setzt sich
für eine praxisnahe Wissenschaft zu nachhaltigen Konstruktionen, eine
internationale Vernetzung der Branche, effiziente Innovationen in der
Bauindustrie und für eine zukunftsorientierte Ausbildung des Nachwuchses
ein. Für Stürwald macht ihr berufliches Engagement als
Ingenieurin tatsächlich den grossen Unterschied.
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