Nant de Drance: saubere Energie ‘on demand’
Die Schweiz will die Energiewende und Versorgungssicherheit in der Stromproduktion. Pumpspeicherkraftwerke eignen sich hervorragend dazu. So auch Nant de Drance im Wallis. Die ‘grösste Batterie der Schweiz’ entspricht 400’000 Elektroauto-Batterien. Der verantwortliche Ingenieur Stéphane Lévy ist besonders stolz auf dieses Schlüsselprojekt für die Energiewende.
Hoch oben im Vallée du Trient an der Walliser Grenze zum französischen Hochsavoyen glitzern zwei Stauseen: L’Émosson und Le Vieux Émosson. Sie gehören zum Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance, das seit Sommer 2022 in Betrieb ist. Es produziert rund 2,5 Milliarden Kilowattstunden Spitzenenergie und hat eine Speicherkapazität von 20 Millionen kWh, was 400’000 Batterien für Elektroautos entspricht.
Energiesicherheit und Netzstabilität durch flexible Produktion
«Nant de Drance ist ein Schlüsselprojekt für die Energiewende»,
sagt Stéphane Lévy stolz. Als Ingenieur und Spezialist für Energie und
Strömungsmechanik bei der Westschweizer Gruppe BG Ingénieurs Conseils
war er verantwortlich für ein Teilprojekt des ‘Kraftwerks der
Superlativen’: Die Umsetzung einer ökologischen und energieschonenden
Lüftung-, Feuchtigkeits- und Temperaturregelung in diesem komplexen
Bauwerk mit x Kilometern an Tunnel und 400 Räumen.
Wenn die Stromnachfrage hoch ist, stürzt das Wasser aus dem Vieux-Émosson durch zwei 425 m hohe vertikale Schächte in die Turbinen des unterirdischen Kraftwerks: ‘on demand’. Anschliessend fliesst das Wasser in den zweiten Stausee Émosson. Bei geringer Stromnachfrage – z.B. nachts – wird das Wasser wieder in den Stausee Vieux-Émosson hochgepumpt: eine gigantische, geladene Batterie.
«Wir Ingenieurinnen und Ingenieure sehen in allen Bereichen Lösungen für Netto-Null Emissionen oder sogar eine Reduktion von CO2.»
Speicher mit überschüssigem Solarstrom gefüllt
Die
Abkehr von fossilen Energieträgern und deren Treibhausgas-Emissionen
drängt. Für den Mix an erneuerbaren, klimafreundlichen Energien spielt
die Energie-Speicherung eine zentrale Rolle. Eine solche Rolle
übernehmen seit Jahrzehnten Pump-Speicher-Kraftwerke. Sie pumpen
beispielsweise bei überschüssigem Wind- oder Solarstrom im Netz den
oberen Stausee voll. Steigt der Strombedarf, produzieren ihre Turbinen
Strom aus Wasserkraft. Für Lévy ist die Reduktion von CO2 für alle Ingenieurberufe ein wichtiges Thema, nicht nur in der Energieproduktion: «Wir
sehen in allen Bereichen Lösungen für Netto-Null Emissionen. Unabhängig
von der Art des Projekts ist es möglich und notwendig, die Emissionen
zu reduzieren.»
Die Lösungen sind da – die Rahmenbedingungen fehlen
Die Politik kann die nötigen Anreize schaffen. Es
wäre noch mehr möglich, wenn die politischen Rahmenbedingungen erlauben
würden, die Normen und Baupraktiken schneller weiterzuentwickeln und in
der Praxis umzusetzen. Ein gutes Beispiel ist Nant de Drance, das ab 2008 ausgebaut wurde. «Solche ambitionierte und realistische Massnahmen sind notwendig für den Kampf gegen den Klimawandel»,
sagt Stéphane Lévy. Infrastrukturen bedeuten oft auch Einflüsse auf die
Umwelt. Darum wurden bei Nant de Drance vor Ort 14 ökologische
Ausgleichprojekte umgesetzt, um die Biodiversiät zu fördern. «Es
ist eine Interessenabwägung. Die Energiegewinnung soll nicht einfach
vor dem Schutz der Umwelt stehen. Darum sind solche Ausgleichsprojekte
sehr wichtig», betont Lévy.
Das Ingenieurwesen ist die Schlüsselbranche
Ohne Ingenieurinnen und Ingenieure gibt es keine Energiewende
und keinen Klimaschutz, bei dem wir trotzdem unseren
Wirtschaftswachstum und Komfort aufrechterhalten können. Ihr Job ist es,
täglich neue Lösungsansätze für neue Challenges zu liefern. Stéphane
Lévy erklärt: «Ingenieurinnen und Ingenieure finden
machbare, kreative Lösungen für festgelegte Bauobjekte und Materialien
mit ihren Besonderheiten.» Wie im Lego-Baukasten.
Jedes Element hat eine bestimmte Funktion, um ein übergeordnetes Ziel zu
erreichen. Das erfordert Kreativität und Innovationslust. Lévy schätzt
die Gestaltungsfreiheit und Abwechslung, die sein Beruf mitbringt: «Zu
unserem Arbeitswerkzeug gehören heute natürlich topmoderne Methoden und
Technologien wie digitale 3D-Berechnungen und Design-Thinking, um ein
eine Konstruktion zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten.» Und damit einen konkreten Beitrag gegen die Klimakrise zu leisten. Wie bei Nant de Drance.
Involvierte suisse.ing-Unternehmen
Weiterführende Links
- Ein Projekt voller Superlativen
- Ein Projekt voller Superlativen (Teil 2/3)
- Ablagerung La Gueulaz, Emosson
- Kiesaufbereitung Coo, Emosson
- Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance